Die Offensener Kirche...
...ein Zeugniss mittelalterlicher Turmkirchen.
Man findet die kleine mittelalterliche Kirche,
idyllisch mitten im alten Ortskern von Offensen gelegen,
nahe der Schwülme.
Sie reiht sich in eine Reihe von Turmkirchen ein, die in der näheren Umgebung gebaut wurden.
Siehe dazu Navigation...
Historische Links - Bau von Turm- und Wehrkirchen
Erhard Kühlhorn schrieb dazu folgendes:
Nach der Vita Meinweri, der Lebensbeschreibung des Bischofs Meinwerk von Paderborn schenkten zwischen 1015 und 1036 die Schwestern Bosan, Cristina und Ebbican dem Marienaltar der Paderborner Bischofskirche eine Anzahl von Besitzungen, die Ihnen nach Erbrecht gehören.
Darunter ihre Güter in Uffanhusun.
Erst viel später, im Jahre 1318, ist Offenhusen im Lehnbuch des Herzogs Otto des Milden von Braunschweig - Wolfenbüttel verzeichnet.
Die Offensener Kapelle, Filial der hessischen Pfarre Heisebeck, wird während des Mittelalters nicht genannt.
Nach der Subsidienregister des Archidiakonates Nörten von 1519 / 20 gehört Heisebeck zu Sedes Oedelsheim an der Weser.
Da die Offenser Kapelle in diesem Verzeichnis nicht aufgeführt wird, dürfte sie schon damals zur Parochi Heisebeck gezählt haben.
Im Mittelalter war unsere Kapelle wahrscheinlich den heiligen drei Königen geweiht.
Bestimmte kirchliche Aufgaben, wie die Gottesdienste an hohen Feiertagen, Taufen und Trauungen, wurden in der Mutterkirche Heisebeck vorgenommen.
Deshalb führte ein Kirchweg von Offensen nach Heisebeck, den die Offensener Kirchgänger benutzten.
In der Karte 1570 - ist dieser Weg als Kirchweg eingezeichnet.
Heute ist er noch als Hohlweg genau im Taleinschnitt zwischen Mühlenberg und Lichtenberg zu erkennen.
Im Volksmund wird er als - Kirchgrund - bezeichnet.
Die Offensener Kirche hat ihre heutige Gebäudeform...
...erst im Laufe der Jahrhunderte erhalten.
Das aus Erd- und Obergeschoß bestehende Schiff ist aus rötlichem Buntsandstein und hellem Kalkstein mit scharrierten Eckquadern aus Sandstein gemauert.
Über die Zeit- und Baugeschichtliche Untersuchung der Offensener Kirche schreibt Professor Stephan im Göttinger Jahrbuch 1996 sinngemäß:
In kleinen Orten der Uslarer Gegend wie Offensen, Fürstenhagen, Verliehausen, Gierswalde und Schlarpe, oder auch in wüst gefallenen Orten wie Friewohle, zeugen kleine Gotteshäuser, sogenannte Turmkirchen, von dieser besonderen, mittelalterlichen Bauweise.
Diese Turmkirchen sind im Gebiet der Leine und der Oberweser zu finden.
Als früheste Datierung wird von Professor Stephan die zweite Hälfte des 12. Jahrhundert angenommen.
Kirchen mit Umwehrungen, die auch die Bezeichnung - Kirchburgen oder Wehrkirchen - tragen, sind ebenfalls in Süddeutschland und Siebenbürgen zu finden, z.T. gut erhalten und sehr bekannt.
Die Turmkirchen dienten zunächst als Schutzzuflucht vor den angreifenden Feinden und wurden später zu einem größeren Gotteshaus erweitert.
Es ist eine Symbiose aus Wehrbau und Kirche, die baulich umgesetzt wurde.
Sie waren offenbar als kurzfristige Zuflucht und durch die bauliche Weise der engen Schiessscharten nicht als aktive Verteidigungseinrichtung gedacht.
Die Schutzfunktion der 1 bis 1,5 Meter starken Grundmauern des Turmes war nach Erfindung des Schießpulvers durch seine Sprengkraft im 16. Jahrhundert hinfällig geworden.
Weitere Turm- oder sogenannte Wehrkirchen in unserer Nähe existieren auch noch in Oldenrode, Nienhagen, Wibbecke, Bühren und Varmissen.
Kleinere wüstgefallene Ortschaften finden sich rings um uns rum, und weisen auch Reste von Kirchengebäuden auf.
Die größte in unserer nächsten Nähe dürfte die Friwohler Kirche sein.
Siehe dazu die Links in der Navigation.
Altersbestimmung mittels Dendrochronologie - Holzprobe 5
Die Errichtung der Offensener Kirche
wird durch Altersbestimmung des verwendeten Bauholzes zwischen 1330 und 1350 datiert.
Die Altersbestimmung erfolgt mit Hilfe von Jahresringen gefällter Bäume verschiedener Zeiten (Dendrochronologie).
Es wurden Balken des Dachstuhles und der vermutlich ersten eichenen Kirchentür, die die Jahrhunderte überdauert hat und auf dem Dachboden gefunden wurde, Holzproben entnommen.
Den Bautyp der dreigeschossigen Turmkirche in Offensen kann man noch gut erkennen, obwohl mit Baufuge ein aus auffallend unregelmäßigem Mauerwerk aufgebauter Chor angefügt wurde (16. Jahrhundert) nach anderer Quelle - 15. Jahrhundert.
Die Mauerstärke des Chores von 1,45 Metern und die Höhe der Wände, die über die Maße anderer Kirchen liegt, könnten auf eine Schutzfunktion hinweisen.
Kam der Feind, gingen die Bewohner über eine Leiter in ein höher gelegenes Stockwerk.
Dann wurde die Kirchentür durch Vorlegebalken verbarrikadiert und die Leiter eingezogen.
In den unteren Stockwerken gab es keine Fenster und Türen.
Der Chor war auch dementsprechend ausgebaut und schlicht gehalten.
Kunstwerke aus dieser Zeit sind nicht vorhanden.
Vielleicht gab es auch keine.
Dr. Eberhard Kühlhorn listet zusammenfassend die Baugeschichte auf:
Bau einer zweistöckigen Wehrkapelle mit zwei gewölbten Jochen im Erdgeschoß, sowie Schießscharten im Ober- und Dachgeschoß während des 13. oder der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (nach örtlicher Überlieferung im frühen 13. Jahrhundert).
Der ursprüngliche Fußboden lag 1 Meter tiefer, die Gewölbe setzten etwa 2 Meter darüber an.
Zugang zum Obergeschoß vielleicht mit Leiter durch eine Deckenöffnung, die sich durch einen fehlenden Schlussstein ergab und von oben mit einer Steinplatte verschlossen werden konnte, während die Tür durch Vorlegebalken gesichert war.
Anbau eines Chores mit geradem Schluss (d.h. kein Gewölbe) wohl Anfang des 16. Jahrhunderts zur Erweiterung des Kapellenraumes.
Vielleicht erfolgten damals die Erdaufschüttungen.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Herausbrechen der Gewölbe, vielleicht um den Einbau einer Orgel zu ermöglichen.
1781 oder 1768 Einsetzen der beiden großen Fenster in der Südwand des Schiffes,
da die Fenster im Chor kaum Licht spendeten und wohl gleichzeitig Errichtung von Kanzel und Empore.
Aufsetzen des hässlichen Dachreiters 1886, um Platz für eine Glocke und die Uhr zu schaffen.
Dimensionen
Abmessungen der der Offenser Kirche
Gesamtaußenmaße: 15,20 Meter x 7,38 Meter = 112,18 m²
Der Chor: Die Außenmaße: 5,70 x 7,20 Meter = 37,44 m²
Der Turm: Die Außenmaße: 9,5 x 7,38 Meter = 70,11 m² Die
Höhe der Kirche beträgt bis zur Wetterfahnspitze 18,52 Meter.
Die Innenmaße: 7 x 6,1 Meter = 43 m².
Die Mauerstärke beträgt im Erdgeschoss 1,20 Meter und beträgt im Dachgeschoß noch 85 cm.
Siehe auch...
PDF - Abmessungen der Offenser Kirche
Der Drei-Königsaltar
Der Altar ist ein besonderes Schmuckstück
aus dem 15. Jahrhundert (wahrscheinlich zwischen 1418 1422) und wird von Kunsthistorikern und Kirchenmalern als besonders wertvoll bezeichnet.
Es handelt sich um einen zweiflügeligen, niedrigen Altarschrein.
Er enthält die Anbetung der Heiligen drei Könige als gefasste (bemalte) Schnitzfiguren in einer dreidimensionalen Ansicht.
Der linke Seitenflügel ist eine gemalte Bildtafel, die die Geburt Christi darstellt.
Der rechte Seitenflügel stellt die gemalte Verkündung dar.
Balzer Rock und Dr. Helmke schreiben folgendes:
Das Wertvolle der Malerei beim Offensener Altarschrein und das zeitgeschichtliche Bedeutsame bzw. entwicklungsgeschichtlich Bemerkenswerte des Heraustretens des Altarschreins aus dem Altarbild ins Dreidimensionale, rücken diesen Schrein in den Blickpunkt und lassen auch den Maler des Offensener Altars als sehr beachtlichen Meister des frühen Mittelalters Gestalt gewinnen, der wohl seine Werkstatt in Göttingen hatte und wahrscheinlich auch die plastischen Figuren geschaffen hat.
Der Schrein sei im Jahre 1907/08 instand gesetzt und müsse einer neuerlichen Restauration unterzogen werden.
Im Jahr 1956 wurde er erneut restauriert.
Mündlicher Überlieferung nach soll der Altarschrein ein Geschenk der Klosterkirche Lippoldsberg an die Kirche zu Offensen gewesen sein
Die Kirchenkanzel:
Die Kanzel stammt aus dem 16. Jahrhundert.
Die kolorierten Abbildungen der Kanzel wurden mittels eines mittelalterlichen Druckverfahrens hergestellt (Papierdruck mit Hilfe einer geschnitzten Holzplatte).
Die Füllungen zeigen fünf Themen, die zum Teil mehrfach wiederkehren. Auffallend ist, dass die Kreuzigungsgruppe dreimal, ein Blumenstrauß und das Jesuskind zweimal, während ein Engelskopf (gekennzeichnet mit dem Buchstaben CS) und ein Rankenmotiv nur je einmal wiederkehren.
Siehe auch...
Dissertation 1976 - Ulfried Müller
Das Hagelbild:
Hagelunwetter gab es in Offensen mehrfach.
Das Hagelbild bezieht sich auf das Hagelunwetter von 1813.
Siehe auch...
Historischses Offensen - Hagelunwetter 1861
Kirchenkreuz der Wüstung Behrensen
ist das einzige Überbleibsel der Kapelle von Behrensen, das bei der Begradigung von - Fingers Wiese -, die zwischen Adelebsen und Offensen liegt, gefunden wurde.
Siehe auch...
Historischses Offensen - Wüste Behrensen
Der Kirchenschlüssel der Wüstung Obern Bremke:
Nachdem der der Schlüssel jahrelang verschollen war, wurde er im Jahre 2014 dem Ortsheimatpfleger Dietmar Wieneke als Dauerleihgabe übergeben.
Der Schlüssel wurde am 05. Juli 2015 anläßlich des Gemeindefestes der Kirchengemeinde überlassen und in der Kirche Offensen unterhalb des Steinkreuzes sichtbar für alle angebracht.
Siehe auch...
Wüstung - Obern Bremke
Bausteine der Wüstung Obern Bremke
die Fenstersteine der Kirche Obern Bremke liegen im Aussenbereich der Kirche.
Siehe auch...
Historische Links - Wüstung Obern Bremke
Quellenangabe:
Eine Auflistung der Dissertationen (Veröffentlichungen) und Quellen:
Dr. Barbette Hartwieg - Doktorarbeit - Kunsttechnologische Analyse des Göttinger Barfüßerretables von 1424 im Kontex zeitgenössischer Altarwerke
Dr. Katharina-Luise Saalbach - Doktorvorarbeit
Prof. Dr. Hans-Georg Stephan - Der Solling im Mittelalter -
Göttinger Jahrbuch 1996 Dr. Erhard Kühlhorn - Von Land und Leuten, zwischen Harz und Weser
Heinrich Funke, Dietmar Wieneke - Sollinger Heimatblatt - Heft 1 / 2013
Lehrer Karl Brümer - Dorfchronik - Kirche Offensen
Klaus Kunze - Ortssippenbuch Offensen -
Gründungsurkunde - Signatur Offensen Speziala A 401
Gründungsurkunde von Offensen Fotoshow Signatur Offensen Speziala A 401
Balzer Rock - Bodenfelde / Dr. Helmke - Berlin - Schriftstück Altarschrein - Ausschnitt Dorfchronik
Dr. Ulfried Müller - Doktorarbeit - Mehrgeschossige mittelalterliche Kapellen im Bergland zwischen Weser und Leine - Die Kanzel in der Kirche zu Offensen.
Gerhard Friedrichs - Abmessungen Kirche
Siehe auch Navigation - Historische Links